Evaluation der Aktion "Gleitgel, Gummi und Popo" für MSM
1. Einrichtung/en
AIDS-Hilfe Bielefeld; http://www.aidshilfe-bielefeld.de/Herzenslust Bielefeld; http://www.herzenslust.de/herzenslust/front_content.php?idcat=887
2. Autor/innen
Peter Struck
Oliver Schulte
Christian Kursim
Jürgen Bayer
Sabine Sauer
Julia Schmalz
Hella von Unger
3. Wissenschaftliche Begleitung
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB); Forschungsgruppe Public Health, Berlin www.wzb.eu
4. Präventionsmaßnahme, die qualitätsgesichert wurde
"Gleitgel, Gummi und Popo" - eine folkloristische trash-drag Performance. Die Präventionsaktion "Gleitgel, Gummi und Popo" wurde von Herzenslust Bielefeld entwickelt und richtet sich an die Zielgruppe schwule und bisexuelle Männer. Es handelt sich um eine Drag-Performance mit Volkslied-Charakter, die auf unterhaltsame Art eine Safer-Sex-Botschaft vermitteln will ("Infotainment"). Hierzu wurde ein volksmusikalischer Ohrwurm ("Servus, Grüezi und Hallo" von Maria und Margot Hellwig) zu einem Safer-Sex-"Propagandasong" umgedichtet. Die Herzenslust Aktivisten treten in Dirndl-Drag auf und singen als "Schwulliesels Töchter" live zur Musik, die vom Tonband kommt.
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5. Zielsetzung der Qualitätssicherung
Evaluation der Aktion "Gleitgelt, Gummi und Popo"
6. Worin bestand der Nutzen der Qualitätssicherung?
Die Evaluation war sehr nützlich: Sie führte zu Anregungen für eine Verbesserung der Aktion (z.B. Verständlichkeit der Texte) und für die Planung und Durchführung weiterer Aktionen, sie brachte einen Erkenntnisgewinn und Kompetenzentwicklungen für die Beteiligten (z.B. können die verschiedenen Perspektiven von Herzenslust, Gästen, Wirten, DJs, und anderen Kooperationspartnern besser eingeschätzt werden) und sie stärkte die Motivation der Herzenslust-Aktivisten. Außerdem wurden die Ergebnisse in der Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt und stärkten damit die Außendarstellung von Herzenslust Bielefeld und der AIDS-Hilfe Bielefeld.
Die Qualitätssicherung hat Nutzen gebracht für
anderer Nutzen : Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern
die Außendarstellung der Maßnahme
die eigene professionelle Entwicklung
die Einrichtung (politischer Nutzen)
die praktische Präventionsarbeit
die Zusammenarbeit im Team
die Zusammenarbeit mit der Zielgruppe
7. Methodisches Vorgehen
Die Evaluation wollte die Akzeptanz und Wirkung auf die Zielgruppe überprüfen. Zunächst wurden mithilfe der ZiWi-Methode die Ziele und Wirkungswege der Präventionsaktion geklärt. Anschließend wurde ein Evaluationsdesign entwickelt, das eine Kombination (Triangulation) von Datenquellen und Methoden vorsah - das heißt: Die Wirkung der Aktion sollte aus verschiedenen Perspektiven und mit unterschiedlichen Methoden an zwei verschiedenen Zeitpunkten überprüft werden.
Es wurden drei Instrumente entwickelt:
1. ein Bogen zur Selbsteinschätzung der Präventionsaktion durch die Herzenslust-Aktivisten
2. ein Bogen für die Beobachtung der Aktion und der Reaktion der Zielgruppe durch Dritte, und
3. ein kurzer Fragebogen zur Befragung der Gäste im Anschluss an die Aktion.
Mithilfe dieser Instrumente wurden im Frühjahr 2007 auf zwei Partys in Bielefeld Daten gesammelt: auf einer Party von Herzenslust und AIDS-Hilfe Bielefeld (HL-Party, 31.3.2007) und auf einer schwul-lesbischen Party in einem kommerziellen Club (Magnus-Party, 5.5.2007).
Die Daten der Gästebefragung wurden mithilfe von Grafstat (Version 2) ausgewertet. Die offenen Antworten wurden in ein Word-Dokument übertragen und in Gruppenarbeit gruppiert, kategorisiert (d.h. mit Überschriften versehen) und interpretiert. Diese Ergebnisse wurden mit den Beobachtungen und Selbstbeobachtungen (deren Ergebnisse jeweils in Word-Dokumenten zusammengefasst wurden) verglichen. Die Zusammenführung der Ergebnisse wurde anschließend in Tabellenform dokumentiert.
Welche Methode(n) dieser Plattform wurden angewandt?
Blitzbefragung
Teilnehmende Beobachtung
8. Ergebnisse der Qualitätssicherung
Die Rückmeldung von den Gästen waren überwiegend positiv (Akzeptanz, Wertschätzung, Unterstützung von Safer-Sex-Botschaft u. Herzenslust-Aktionen).
Es gab auch kritische Rückmeldungen zum Beispiel zur Verständlichkeit des Liedtexts und der Form der Performance (Dirndl-Outfit, "Klamauk")
Überraschend waren die Unterschiede in der Wahrnehmung und Bewertung der Publikumsreaktionen: Herzenslust war selbstkritisch, Beobachter berichteten ein differenziertes Bild (vor der Bühne interessierte Anteilnahme und Begeisterung, weiter hinten im Raum weniger bis Desinteresse) und die befragten Gäste äußerten sich überwiegend positiv.
Im Party-Vergleich sind die Antworten der Gäste in vieler Hinsicht sehr ähnlich – auch dies war überraschend, denn sowohl die Beobachter als auch Herzenslust hatten eher die Unterschiede bemerkt. Zum Beispiel im Hinblick auf den Stellenwert der Performance - auf der nicht-kommerziellen Herzenslust Party war der Auftritt der Höhepunkt des Abends und führte zu Schunkeln und Mitsingen, während HL auf der kommerziellen Magnus-Party eher als "Ice-Breaker" fungierte und ein Blitzlicht-Gewitter auslöste, weil die Gäste mit ihren Handys Fotos schossen.
9. Erfahrungen und Tipps
Die Evaluation war sehr nützlich, aber auch sehr aufwendig.
Es sollte viel Zeit und ausreichend Unterstützung eingeplant werden - vor allem in der Vorbereitung der Datenerhebung, aber auch in der Aufbereitung und Auswertung der Ergebnisse.
Die Kombination (Triangulation) von Daten und Methoden war interessant und aufschlussreich, bedarf aber der Anleitung (sonst verliert man leicht den Überblick).
Der Einbezug von "neutralen" Dritten (AH-Mitarbeiter/-innen aus anderen Bereichen) war vorteilhaft für den Evaluations- und Reflexions-Prozess.
Der Ansatz und die Methoden eignen sich für Qualitätssicherung der HIV-Prävention der Aidshilfen; bei zukünftigen Beratungen sollte unbedingt beibehalten werden, dass die Praxispartner vor Ort selbst entscheiden, welches Ziel der Qualitätsentwicklungsprozess verfolgt – nicht das wissenschaftliche Interesse, sondern das Interesse und die Relevanz vor Ort muss im Vordergrund stehen!
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Fragebogen_Gästebefragung.pdf (89.87 KB)
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